Visionen haben können

Fragen Sie sich nach Enttäuschungen über die Unvollkommenheit anderer Menschen oder den Misserfolg persönlicher oder an sich gestellte Projekte auch manchmal: «Für was tue ich mir das an?» In den letzten Wochen und Monaten stellte auch ich mir oft die Frage über Ideale, Ziele und die persönlichen Vorstellungen, die ich einst in Arbeit, Beruf und Institution, die mir am Herzen liegt, gesetzt habe. Die Kirche ist seit Längerem in Schräglage. Es fällt uns schwer, Nachwuchs in sämtlichen seelsorglichen Berufen zu finden oder uns als Ort der Werte und Ideale zu präsentieren. «Wollt auch ihr gehen?», fragte einst Jesus die Jünger, als auch er erleben musste, dass er noch lange nicht alle Menschen mit seinen Worten und Taten berühren konnte. «Nein», sagte Simon Petrus, «nur du hast Worte des ewigen Lebens.» Das muss auch ich mir immer wieder vor Augen führen: Ich arbeite weder des Geldes wegen noch damit es bald Abend wird. Ich arbeite, um in den Menschen die Vision zu wecken, dass diese schräge Welt nicht alles ist. Wichtiger als die Kirche ist die Botschaft, die sie eigentlich vermitteln will: «Ich bin bei euch bis zum Ende der Welt.» Den Blick aufs Wesentliche will ich mir nie nehmen lassen, wie folgende Geschichte zeigt:

Drei Bauarbeiter sind dabei, Steine zu behauen, als ein Kind dazu kommt und den ersten Arbeiter fragt: «Was tust Du da?» – «Siehst Du das denn nicht?», meint der und sieht dabei nicht einmal auf. «Ich behaue Steine!» – «Und was tust Du da?», fragt das Kind den Zweiten. Seufzend antwortet der: «Ich verdiene, Kind, um für meine Familie Brot zu beschaffen». Das Kind fragt auch den Dritten: «Was tust Du?» Dieser blickt in die Höhe und antwortet leise: «Ich baue eine Kathedrale.»