Einsatz 21 vor Ort 21.-27.09.2024
Im Mittelpunkt des Einsatzes stand die Überprüfung der Fertigstellung des Prototyp Hauses für Jesiden in der jezidischen Gemeinde Borek. Im Weiteren wurde das Binnenflüchtlingscamp Bahakar, den Standort unseres Lagerhauses, sowie das Flüchtlingslager Basirma besucht. In einer kleinen Feier wurde eine Absichtserklärung für die Zusammenarbeit mit BCF beim Bau von weiteren Häusern für jezidische Geflüchtete unterzeichnet. Unser operativer Projektleiter berichtet:
Grundsätzliches
Politisch herrscht eine angespannte Ruhe. Im Oktober finden Wahlen in das kurdische Parlament statt. Die verschiedenen Milizen, die vom Iran finanziert werden, halten sich bedeckt. Der islamische Staat (IS, Dash) verübt von Zeit zu Zeit Anschläge. Die Türkei bombardiert regelmässig vermutete Stellungen der verbotenen PKK-Miliz im Nordwesten Kurdistans. Über 400 Dörfer wurden als Folge der Bombardierungen geräumt, Ernten werden verbrannt, Vieh wird getötet. Viele Familien verlieren ihre Lebensgrundlage und sind auf Nachbarschaftshilfe angewiesen.
In den Camps sind keine Hilfsorganisationen (NGOs) mehr tätig, alle haben sich zurückgezogen. Ausserhalb der Camps sind gerade noch 6 NGOs tätig, die Projekte abwickeln, z. B. Computerausbildung, handwerkliche Trainings, erste Hilfe Kurse. Unsere Kirche ist die einzige Organisation, die kontinuierlich in Kurdistan/Nordirak aktiv ist!
Auf den Strassen der Hauptstadt Erbil gibt es auffallend viele Bettler, die versuchen an Geld zu kommen. Die Arbeitslosigkeit in Kurdistan ist nach wie vor sehr hoch. Die Umweltverschmutzung (Plastik, Kehricht) hat ein unvorstellbares Ausmass angenommen. Die Luftverschmutzung ist sehr stark, ein Reizhusten hat mich immer wieder geplagt.
Die irakische Regierung in Bagdad will die Binnen-Flüchtlingscamps schließen. Ausreisewillige Familien erhalten eine finanzielle Starthilfe, um sie zum Verlassen der Camps zu bewegen.
Prototyp-Haus in der jezidischen Gemeinde Borek
Unter Polizeischutz, angeführt durch den Kommandanten der irakischen Polizei in der Region Sindjar und unter Begleitung eines gepanzerten Fahrzeugs bin ich in die Sindjar-Region gefahren; Mitglieder des Polizei-Korps sind grösstenteils Jeziden. Nach einer abenteuerlichen Fahrt mit mehreren Checkpoints habe ich Borek erreicht und das Prototyp-Haus besucht. Das Haus wurde einer jezidischen Witfrau mit 7 Kindern zur Verfügung gestellt. Der Ehemann der Frau ist vor einigen Wochen bei einem Unfall ums Leben gekommen. 4 Kinder arbeiten auswärts auf einem Bauernhof, um ein wenig Einkommen zu erzielen. 2 junge Frauen und ein junger Mann wohnen mit ihrer Mutter im neuen Haus. Der junge Mann hat die Mittelschule abgeschlossen und möchte nun studieren. Das Prototyp Haus ist in jeder Hinsicht gelungen, die Räume sind groß und hell. Die Möblierung ist bescheiden. Die Dankbarkeit ist gross, die jedoch wegen des Verlustes des Ehemanns nicht zum Ausdruck gebracht wird. Ich habe eine Spende als Starthilfe übergeben.
Unser Partner vor Ort, die Barzani Charity Foundation (BCF), hat in Borek eine Ausbildung für Schneiderinnen durchgeführt. Wir werden die Einrichtung einer Schneiderei (2–3 Nähmaschinen, Bügeleisen, diverses Material) finanzieren. Damit wird Einkommen ermöglicht.
Link zu den Spendemöglichkeiten, die allesamt von der Steuer absetzbar sind: Benützen Sie diesen LINK. Danke für Ihre Spende!
Binnenflüchtlings-Camp Bahakar
Im Camp Baharkar ist das Lagerhaus untergebracht, ab dem wir die Güter des letzten Konvois verteilt haben. Ich konnte die Abreise einer Familie beobachten, ein Polizist übergab ihr die Ausreisepapiere sowie 4‘000‘000 irakische Dinar (ca. CHF 2‘800) als Ausreise-Entschädigung. Der grösste Teil der Binnen-Flüchtlinge stammt aus der Umgebung von Mosul, die Wohngegenden von Mosul sind jedoch zerstört. Familien, die in Mosul kein Auskommen finden (Wohnmöglichkeit, Beschäftigung, Gesundheitsversorgung, Schule) kehren ins Camp zurück, wo sie jedoch keine Aufnahme erhalten, weil sie die Ausreise-Entschädigung erhalten haben.
In der von uns eingerichteten Schreinerei werden Polstermöbel hergestellt.
Das Camp befindet sich in einem sehr schlechten Zustand. In den Unterhalt wird nichts mehr investiert, da Bahakar in absehbarer Zeit geschlossen wird.
Flüchtlingslager Basirma
Im Flüchtlingslager Basirma (Bewohner sind Syrer, die nicht heimkehren werden) haben wir verschiedene Projekte in den vergangenen Jahren umgesetzt. Die 4 Gewächshäuser sind in Betrieb und es werden 3 bis 4 Ernten pro Jahr eingefahren. Die Bauern sind sehr dankbar und haben mich wieder erkannt. Durch den Verkauf des Gemüses im Camp und im Dorf Basirma sind die Bauern finanziell unabhängig geworden.
Die eingerichtete Schneiderei haben wir anlässlich des letzten Einsatzes erweitert. Die beiden Schneiderinnen ändern und reparieren Kleider der Camp-Bewohner und stellen wundervolle Kleider her. Die Dankbarkeit ist sehr gross.
Die 50 Wohnhäuser, die wir als Ersatz für Zelte gebaut haben, sind von den Bewohnern liebevoll ergänzt worden. Bewohner haben mich wieder erkannt, die Dankbarkeit ist gross.
Herz-OPs an Kinder mit angeborenem Herzfehler
Seit 2022 finanzieren wir Herzoperationen an Kleinkinder und Jugendlichen mit angeborenem Herzfehler. Ich traf 2 Operierte: Carolina, 2-jährig und Parwez, 11-jährig. Beide haben sich prächtig erholt und wohnen wieder zuhause; es werden periodische postoperative Kontrollen durchgeführt. Der Zufall wollte es, dass ich Parwez nach seiner OP in der Herzklinik besucht habe. Die Freunde am Wiedersehen war gegenseitig sehr gross und herzlich.
Absichtserklärung
In einer kleinen Feier wurde eine Absichtserklärung zwischen der Kirche und BCF unterzeichnet. In der Absichtserklärung wird die Zusammenarbeit beim Bau von Wohnhäusern im Sindjar-Gebiet regelt. Im Dorf Borek sollen total 10 Häuser gebaut werden, in einem Nachbardorf weitere 10 Häuser. Dieses Projekt wird uns bis ins Jahr 2025 beschäftigen. Ein Haus kostet ca. US-$ 15‘000; BCF wird US-$ 4‘000 beisteuern.