Einsatz 20 vor Ort 30.09.-05.10.2023
Der operative Leiter des Projektes «Hilfe für Kurdistan» der katholischen Kirche Teufen-Bühler-Stein Ueli Schleuniger war zusammen mit Heinz Oetrle, (St. Gallen), ein neues Mitglied des Projektes in Kurdistan. Ziel der Reise war, die allgemeine Lage in den Camps zu evaluieren, der Abschluss der von uns initiierten Projekte zu prüfen und in Zusammenarbeit mit unserem Partner vor Ort, die Barzani Charity Foundation (BCF), Projekte für das Jahre 2024 zu definieren.
Grundsätzliches
UNHCR (u.a. Zeltersatz), Welternährungsprogramm (Lebensmittel) und Unicef (Wasser, Kehrrichtentsorgung, Ausbildung) haben ihre Hilfe massiv oder ganz heruntergefahren. Die von der örtlichen Behörde alle 6 Wochen gelieferten Lebensmittelpakete sind von schlechter Qualität. Investitionen (z. B. Ersatz von UNHCR-Zelten) in Camps werden nicht vorgenommen, um den Druck, die Camps zu verlassen, aufrechtzuerhalten (Politik der Vertreibung durch Bagdad).
Rückblick
Wir haben 5 von 6 Binnenflüchtlingscamps in der Nähe von Erbil und Mosul besucht. Von Zeit zu Zeit gibt es Brände wegen Stromkurzschlüsse. Verbrannte Zelte und Wohncontainer werden nur behelfsmässig repariert. Viel Schutt liegt herum (es fehlen Bagger und Lastwagen, um den Schutt abzutransportieren), Zelte sind zerrissen und werden improvisiert wieder in Stand gestellt. Die medizinische Versorgung an 1 bis 2 Tagen wird durch eine fahrende Klinik sichergestellt. Männer sitzen rum, Frauen sind kaum sichtbar, Kinder fröhlich spielend oder mit leerem Blick. Es wird eine bewusste Politik der Abschreckung und Vertreibung betrieben.
Im Camp Bahakar haben wir eine Schreinerei eingerichtet, sie wird selbsttragen betrieben, sogar bescheidene Einkommen werden erzielt.
Im Camp U3 haben wir an der Übergabefeier von 7 Schulcontainer mit 140 Schulbänken und 7 white boards teilgenommen; zusätzlich haben wir Schulbücher und eine grosse Menge Schulmaterial an alle Schüler verteilt.Ca. 200 Schulkinder standen in Reih und Glied und haben zu unserer Begrüssung gesungen. Einige TV-Sender waren anwesend und haben die Feier gefilmt.
Ein weiterer Besuch galt dem Binnenflüchtlingscamp Sharya, das von ca. 12'000 Jesiden bewohnt wird. Im Vergleich zu den anderen Camps herrscht hier eine fröhliche Stimmung und emsiges Treiben. Die Zelte sind ersatzbedürftig, stehen aber noch. Die engen Gassen zwischen den Zelten sind sauber. Wir haben mit einigen Bewohner gesprochen, alle wollen zurück ins in ihre Heim, das Sindjargebiet.
Im Flüchtlingslager Basirma (Bewohner sind v.a. Syrer) haben wir die in den Jahren 2018 und 2019 realisierten Projekte besucht. Für uns eine totale Erfolgsgeschichte:
Die Schneiderei ist in Betrieb, sie arbeitet für die Campbewohner. Einige sehr schöne Kleider sind ausgestellt. Die anwesende Schneiderin möchte das Lokal vergrössern und eine störungsanfällige Nähmaschine ersetzen. Wir haben spontan 2 Nähmaschinen, 1 Over-Lock Maschine und 2 Bügeleisen gekauft ($ 1'100.-) und geliefert.
Die 4 Gewächshäuser, deren Bau wir im Jahr 2018 ermöglicht haben, sind in Betrieb. 12 Bauernfamilien arbeiten selbständig und mit viel Hingabe. Sie können die Ernten im Camp oder im nahe gelegenen Basirma verkaufen.
Ebenfalls im den Jahren 2018 und 2019 haben 50 Shelters (einfache Häuser aus Backstein als Ersatz von Zelten) in Barsirma gebaut Die Spenderplaketten sind immer noch sichtbar. Niemand will/kann zurück nach Syrien, sie haben hier eine neue Heimat gefunden. Die Männer gehen z. T. ihrem angestammten Beruf im Camp oder im Dorf Basirma nach. Wir haben einen Glace Verkäufer, der selbst gemachte Glace verkauft, angetroffen, der in einem selbst dekorierten Wagen seine Gelatti verkauft.
Besuch Mosul: Östlich des Tigris ist Mosul in Takt, es sind kaum Zerstörungen sichtbar. Im Zentrum des Westteils ist Leben eingekehrt mit ordentlichem Verkehr. Im Erdgeschoss sind kleine Läden, Restaurants und Handwerksbetriebe eingerichtet, die Obergeschosse (Wohnungen der Ladenbesitzer) sind schwer beschädigt und nicht bewohnbar. In der Altstadt von Mosul ist die Zerstörung unvorstellbar. Mehrstöckige Wohnhäuser sind kaputt geschossen. Die Fassanden der ehemalig schönen Wohnhäuser (mehrere 100 Jahre alt, mit fantastischen Steinmetzarbeiten in Marmor) in den engen Gassen stehen teilweise noch, der eigentliche Wohnraum hinter der Fassanden ist zerstört. Wer soll da wieder eine Existenz aufbauen?
Im Jahr 2024 wollen wir die folgenden Projekte realisieren:
Seit Beginn unserer Arbeit in Kurdistan betreiben wir 2 Ambulanzen, um medizinische Notfälle in die umliegenden Spitäler zu evakuieren. Die jährlichen Betriebskosten betragen $ 24'000.- (24/7-Betrieb).
Wir wollen den Schulmateriabedarf (Hefte, Bleistifte, Farbstifte usw.) für das Jahr 2024 für ca. 7700 Schülerinnen und Schüler liefern. 1 Set Schulmaterial kostet ca. $ 5.-, also $ 38'500.-. Uns fehlen noch 34'000.-
In der Heimat der Jesiden, dem Sindjargebiet, möchten wir ein kleineres Dorf wieder aufbauen, damit die Jesiden die Camps verlassen und eine neue Existenz aufbauen können. Erste Schätzungen veranschlagen die Kosten eines Hauses auf ca, $ 15'000.-. Dies wäre das grösste Projekt, das wir je in Angriff genommen haben.