Der Kirche steht das Wasser bis zum Hals (Bild: Der Stausee am reschenpass hat das Dorf unter sich begraben. Einzig der Kirchtum ragt aus dem Wasser)

(K)Eine Kirche der Zukunft?! - Gedanken zum Verlust der kirchlichen Vormacht in unserer Gesellschaft

In diesen herausfordernden Zeiten, in denen wir uns gerade wiederfinden, suchen zwar viele Menschen offensichtlich inneren Halt und verbinden ihre Sinnsuche mit spirituellen Fragen und Dimensionen. Weshalb sind also die Kirchen leer? Dabei kann keine andere Organisation auf eine zweitausendjährige Erfahrung zurückgreifen, wenn es um Deutungs- und Glaubensfragen geht, als die christlichen Kirchen. Christlicher Glaube wurden durch die Jahrhunderte am Leben erprobt. Die Kirchen sollten voll sein, doch das Gegenteil ist der Fall. Weshalb?

Den Kirchen fällt es oft schwer, auf gesellschaftliche Veränderungen zu reagieren. Sie erreichen die Menschen nicht mehr mit den traditionellen Formen, Riten und Zeichen. Skandale und der schwerfällige Apparat steuern den Rest dazu. Fazit: Die Kirchen sind nicht mehr gefragt und viele Menschen suchen ausserhalb der etablierten Landeskirchen nach dem Göttlichen. Menschen mit dem kirchlichen Schriften zu bedienen und dabei auf die treuen Steuerzahlerrinnen und Steuerzahler zu hoffen, um den gewohnten Betrieb weiterlaufen zu lassen, reichen nicht aus. Die meisten Menschen haben den Zugang zur Kirche verloren, obschon sie getaufte Christen sind. Landeskirchen haben die Vorrangstellung für spirituelle Kompetenz und Sinnfragen in den letzten zwei Jahrzehnten massiv eingebüsst. Die Veränderungen erkennt man am deutlichsten an den sonntäglichen Gottesdiensten. Die Kirchen bleiben leer. Die klassischen Gottesdienstformen werden nicht mehr verstanden, ihre Sprache ist fremd geworden. Die Abläufe und Inhalte korrespondieren nicht mehr mit dem Lebensvollzug von heute. Dabei ist das gemeinschaftliche Beten und Feiern für Christen die Quelle allen kirchlichen Handelns. Das digitale Zeitalter fordert uns existenziell heraus.
Diese Tatsache dürfen Seelsorgende nicht tatenlos hinnehmen. Seelsorgende müssen aus der Vereinzelung heraustreten und sich gemeinsam zusammentun und dringend erörtern, was heute nötig ist, um den Menschen mit der christlichen Botschaft zu erreichen. Denn gerade die jesuanisch-christliche Botschaft eines liebenden Gottes, der nicht irgend in einem Himmel thront, sondern das menschliche Leben mit allen Höhen und vor allem Tiefen bis zum Letzten durchgestanden und -gelitten hat, ist eine tragende Antwort auf die Erfahrungen dieser Zeit. Dass diese Welt nicht alles ist, Leid und Tod nicht einfach Willkür des Schicksals sind, sondern aufgelöst werden durch den Zuspruch, dass es ein Leben hinter dieser Menschenwelt gibt, hätte eine grosse Bedeutung. Unsere Karfreitagswelt braucht eine neue Übersetzung, was Ostern sein kann für den überforderten Menschen von heute.

Ich will weiterdenken und Kirche im übertragenen Sinne mit anderen gemeinsam «neu erfinden»